Die Gelegenheit wollte ich nutzen, um die "Schritte pro Millimeter" ordentlich zu kalibrieren.
Für die die sich darunter nichts vorstellen können, hier wieder eine langatmige Erklärung.
Die Slicer Software muß einiges wissen, damit es dafür sorgt, dass die richtige Menge Kunststoff extrudiert wird. Einiges vom dem dass die Software wissen muß, können wir einfach eingeben. Den Durchmesser des Filaments und der Düse. Dazu kommt dann ein (Pfusch-)Wert, mit dem man gewisse Abweichungen ausgleichen kann (bei Slic3r, z.B. heißt es "Extrusion multiplier"). Mit diesen Werten, basierend auf die Layer-Höhe, errechnet sich die SlicerSoftware einen Millimeterwert des Rohfilaments aus, damit die notwendige Menge Materials aus der Düse kommt. Und hier setzt die Kalibrierung ein. Wenn der Slicer sagt, fördere 2mm, dann sollten auch 2mm gefördert werden. Dem ist leider nicht immer so. Daher kann es nützlich sein, zu sehen, wieviel eigentlich in Wirklichkeit gefördert wird. Im Netz gibt es viele Anleitungen. Unser RF1K ist aber ein wenig eigenartig, daher meine Anleitung.
Anleitung:
Hat man einen zweiten Extruder (oder einen kaputten zum ausschlachten) geht es besser. Mit nur einem Extruder/HotEnd wirds a bisserl umständlicher.
Es geht darum, mittels Host Software, oder GCode, eine größere Menge Filaments fördern zu lassen (z:B. 3 X 100mm), und die tatsächlich geförderte Menge zu messen und die Firmware entsprechend anpassen. Leider kann man 300mm nicht in einem angeben, mehr dazu später.
Wir wollen 300mm Filament auch nicht unbedingt herschenken, abgesehen davon, was das für ein Haufen Fäden verursacht. Also 'umgehen' wir den Extruder. Hat man einen alten zum ausschlachten, sollte man sich diesen Teil ausbauen (der Teil ganz oben am HotEnd):
Ich habe es mit so einem Teil gemacht, daher weiß ich, dass es funktioniert.
- Bett 60-100mm nach unten fahren, damit Platz zum arbeiten ist
- Filament entfernen und Extruder/HotEnd losschrauben:
- HotEnd nicht abstecken, sondern nur seitlich wo sicher verstauen, auf die Kabel achten. Der Extruder wird später aufgeheizt, also so ablegen, dass nichts schaden nehmen kann.
- Hat man das Teil vom ersten Foto, dann dieses in die freigewordene Position leicht festschrauben. Hat man das Teil nicht, muss man ohne auskommen.
- Filament in den Extruder einführen und zumindest bis durch das untere Loch führen (bzw. in das ausgeschlachtete Teil im ersten Foto).
- Repetier-Host starten, mit Drucker verbinden. Unter der "Manual Control"-Lasche die Extrudertemperatur auf 163° einstellen und warten bis diese erreicht wird.
- Mittels manueller Steuerung Filament 1mm vor oder zurückfahren, zur Kontrolle, dass es auch klappt & die Temperatur erreicht ist (der Drucker ignoriert nämlich Extruder Befehle, wenn er unter 160° ist)..
- Im GCode Feld (ganz oben unter der "Manual Control" Lasche) den folgenden Befehl eingeben:
G92 E0
Damit wird der Extruder sicherheitshalber zurückgesetzt - Das Filament an einer guten Stelle mit Filzstift markieren, z.B. hier:
- Im GCode Feld den folgenden Befehl eingeben:
G1 E100 F1000
Damit fördern wir erstmals 100mm. Hoffentlich klappt es bei jenen, die unten keine Führung haben (wie im ersten Foto). Wichtig ist, dass das Filament sauber zwischen Andruckkugellager und Ritzel geklemmt bleibt. Klappt das nicht zuverlässig, muss man sich irgendeine Führung basteln (z.B. Filamentführungsrohr nehmen) - Im GCode Feld den folgenden Befehl eingeben:
G92 E0
Die Firmware lässt leider nicht mehr als 100mm auf ein Stück fördern, durch das Zurücksetzen können wir mehr fördern. - Im GCode Feld wieder den folgenden Befehl eingeben:
G1 E100 F1000
Damit fördern wir die nächsten 100mm - Im GCode Feld den folgenden Befehl eingeben:
G92 E0
Und wieder wird zurückgesetzt - Im GCode Feld wieder den folgenden Befehl eingeben:
G1 E100 F1000
Damit fördern wir die nächsten 100mm - Man könnte die Schritte beliebig wiederholen, aber 300mm sind genug für eine gute Annäherung.
- Das Filament an der selben Stelle wie vorhin mit Filzstift markieren.
- Das Filament entfernen (ich löse meinen Spenner, schalte die Motoren ab, mit diesen Knopf hier:
Und ziehe das Filament wieder hoch. Man könne es auch oben abschneiden und ca. 100mm weiter fördern, und von unten rausziehen (vor dem erneuten Fördern wieder einen "G92 E0" einbauen). - Mittels geeignetem Werkzeug die Länge zwischen den zwei Markierungen am Filament messen. Wert notieren
- Der Korrekturfaktor ist einfach
Sollwert (im obigen Fall 300mm)
durch Istwert (was immer der ermittelte Messwert war). Bei mir waren es z.B. 328mm - ein Fehler von fast 9%!! - Korrekturfaktor in der Configuration.h einarbeiten. Dazu sucht man in der Configuration.h nach und ändert den dahinterstehenden Wert entsprechend:
Code: Alles auswählen
#define EXT0_STEPS_PER_MM
- Alte Firmware: Da steht hinter dem gesuchten Begriff nur eine Zahl, wahrscheinlich 71. Dann diese Zahl mit dem Korrekturfaktor multiplizieren und den neuen Wert stattdessen hinschreiben (ein guter Tip ist immer, den ursprünglichen Wert als "comment" zu notieren - also "// war 71" am Ende der Zeile hinschreiben. In meinem Fall wären das 300 / 328 * 71 = 65 (64.939). Also käme 65 statt der 71 hin.
- Neuere Firmware: Da steht normalerweiseund man spart man sich das Rechnen gänzlich. Man kann einfach den Faktor, quasi 'im Klartext' hinzufügen. Im Meinem Fall habe ich also die Zeile vonCode: Alles auswählen
(8.75 * RF1000_MICRO_STEPS)
inCode: Alles auswählen
#define EXT0_STEPS_PER_MM (8.75 * RF1000_MICRO_STEPS)
Code: Alles auswählen
#define EXT0_STEPS_PER_MM (300 / 328 * 8.75 * RF1000_MICRO_STEPS)
geändert.Code: Alles auswählen
. . ^ ^
- Configuration.h speichern und neue Firmware in den Drucker laden
- Die besonders fleißigen wiederholen die Messung, um zu sehen, um wie viel genauer der Wert geworden ist. (ACHTUNG: Hier aber jungfräuliches Filament nehmen, das vorher benutzte hat schon "Biß-spuren"). Bei mir war der Fehler nachher nur mehr 2mm auf 300mm (0.6%).
- HotEnd/Extruder wieder in Position montieren.
- Stolz auf sich sein, dem Drucker für die gute Zusammenarbeit danken, bei den nächsten Druckaufträgen auf geändertes Verhalten achten und evtl. den Pfuschwert (in Richtung "=1"?) korrigieren.
So, nach dem Lesemarathon hat sich ein Jeder ein Bier verdient. Prost!
mjh11