Das hat natürlich seinen Grund. Einerseits haben die Schrittmotoren, die üblicherweise für die Bewegungen entlang der 4 Achsen eingesetzt werden, nur eine begrenzte Kraft, dann besitzt der Drucker in sich eine bestimmte Elastizität – vom Rahmen angefangen, bis hin zum Antrieb. Dazu kommen schließlich auch die Massen zum Tragen, die bewegt werden wollen.
Im Forum wurden des Öfteren die diversen Vor- und Nachteile bestimmter Druckerfamilien angeschnitten. Gerne wird dabei hervorgehoben, dass z.B. Bowden Drucker sich bei der Geschwindigkeit hervortun, da hier die bewegten Massen meist am niedrigsten sind. Diese Aussage ist mit Vorsicht zu betrachten. Sie trifft nur dort völlig zu, wo die Düse sowohl in X als auch in Y Bewegungen ausführt (Bewegungen in Z werden hier vorerst nicht betrachtet). Solche Drucker sind zum Beispiel sogenannte Delta Drucker oder solche, die einen ähnlichen Aufbau (Antrieb) verwenden, wie z.B. der Ultimaker einsetzt (ein Kreuzportal nennt sich das, glaube ich). In solchen Fällen, kombiniert mit einem Bowden-System, kann man die bewegten Massen ziemlich niedrig halten.
Ein Zwischending ist eine Anordnung, wie sie der RF500 verwendet. Auch hier wird ein Bowdenantrieb eingesetzt, bloß ist die Masse in Y-Richtung wieder höher als beim Kreuzportal, da der X-Motor mitbewegt werden muss. Der RF100 bewegt hingegen den Druckkopf in X und Y, das Bett nur in Z. Dafür ist der RF100, wie die RFx000-Drucker, kein Bowden Drucker.
Würde man, andererseits, beim RFx000 Drucker, den Extruder auf Bowden umbauen, würde man sehr wenig von der dadurch deutlich reduzierten Masse profitieren. Ebenso gäbe es keinen Geschwindigkeitsvorteil bei einem Wechsel von einem Dualsystem auf Dual-Bowden. Umgekehrt lässt sich der RF1000 jedoch auf Dual umbauen, ohne Geschwindigkeit einbüßen zu müssen.
Wieso? Fragt man sich. Es hat primär mit der Notwendigkeit der koordinierten Bewegung zu tun (in X- und Y-Richtung). Da alle Bewegungen in X und Y beim Druckvorgang koordiniert ablaufen müssen, darf beim Drucken keine der zwei Achsen vorauseilen oder hinterher hinken. Eigentlich einleuchtend. OK, der Vorgang ist für den User völlig transparent und wird üblicherweise absolut fehlerfrei von der Firmware durchgeführt. Vorausgesetzt, die Beschleunigungswerte sind (u.A.) korrekt eingestellt. Das ist der springende Punkt. Da Bewegungen in X als auch in Y koordiniert absolviert werden müssen, bestimmt die Masse der schwersten Komponente die maximale Beschleunigung, die der Schrittmotor noch zuverlässig schafft.
Daher habe ich mir die bewegten Massen am RF1000 angesehen. Basis ist natürlich meine Variante, eine der sehr frühen Varianten – eine Ausnahme bildet dabei aber das Hot End, wo statt der V0, die ich seinerzeit geliefert bekam, ein V2 Hot End benutzt wurde. Die ermittelten Massen wurden für die meisten Teile per CAD ermittelt. Das V2 Hot End wurde gewogen, die Masse der Heizung des Druckbetts grob geschätzt, die der Barock-Fliese allerdings wieder per CAD ermittelt. Fehlen tun die Kabel, die Endschalterplatine der Y-Achse, die Zahnriemen und die bewegten Schleppkettenglieder (Ausnahme: die geschraubten Endstücke wurden per CAD ermittelt). Damit sind jedoch mindestens 95% der bewegten Massen erfasst.
Interessant ist, dass das Druckbett ordentlich ins Gewicht schlägt. Die bewegte Masse beläuft sich auf fast eineinhalb Kilogramm, mit mindestens 1480 Gramm. Beim Druckbett gab es auch kaum Änderungen bei den späteren RF1000 Varianten, somit ist dieser Wert für die RF1000 Drucker gültig, sofern keine Modifikationen vorhanden sind. Möglich wäre, z.B. eine zweite Y Schiene, womit ein zweiter Führungswagen, samt 4 Senkkopfschrauben dazukommen (wie bei mir), wo dann 145g dazu kämen. Noch mehr ins Gewicht fällt (entschuldigt die Wortwahl! ) eine gegossene Aluplatte, vielleicht mit einer zusätzlichen Glas-Wechselplatte. Die Alu-Platte, mit (nur!) 4mm, wiegt um 120g mehr als die Fliese, eine Gussplatte mit 6mm schon um beachtliche 430g mehr. Eine Glas-Wechselplatte mit 2mm Stärke (z.B. von einem Bilderrahmen) kommt da mit zusätzlichen 260g dazu, eine mit 4mm Stärke (Fensterglas) hätte das Doppelte, also 520g. Kombiniert man die 6mm Gussplatte mit dem Fensterglas, kommt man auf 950g zusätzliche Masse, die bewegt werden will.
Die Situation der X-Achse sieht, beim Single-System, deutlich besser aus. Die Gesamtmasse beträgt mindestens 957g, also um etwa 520g weniger als die der Y-Achse. Das ist schon einiges. Da geht sich ein zweiter Schrittmotor (mit 365g), Vorschubrändel (6g), samt einem zusätzlichen V2 Hot End (49g) locker aus, ohne dass die X-Achse schwerer wird als die Y-Achse. Zugegeben, ein gänzlich anderes System der Andrückrolle und der Extruderhalterung wäre nötig, und da jedoch noch immerhin an die 100g Differenz bleiben, wird sich das wohl ausgehen.
Einfach gesagt, der größere der zwei Werte, das der maximal bewegten Masse der X- oder jenes der Y-Achse, bestimmt die maximale Beschleunigung beider Achsen.
Damit nützt es fast gar nichts, beim RF1000 auf Bowden umzurüsten, solange die Y-Achse weiterhin so schwer ist. OK, zugegeben, das ‚Ringing‘ (die Schattenbilder) werden in einer Achsenrichtung vielleicht eine Spur weniger. Das lässt sich recht wirksam mit einer geringfügig geringeren Beschleunigung beikommen – und der dadurch entstandene Zeitverlust wird auch nicht mehr ausmachen, als der zusätzliche Zeitverlust eines Bowdens wegen der nötigen, längeren Retract-Wege.
Viele Drucker nutzen ein Konzept, wo das Bett bewegt wird, meist entlang nur einer Achse. Verwenden diese Drucker dann noch einen Bowdenantrieb, ist damit einer der Vorteile der reduzierten Masse damit dahin. Wird das Bett gar in X und Y bewegt, bringt der Bowdenantrieb rein gar nichts, außer längere Retract-Wege.
mjh11
Für jene, die es interessiert, meine Beschleunigungswerte sind aktuell:
M201 X4000 Y4000 Z800 ; accel values when printing
M202 X5000 Y5000 Z900 ; accel values when moving (travel)
(Habe eine zweite Y-Schiene und eine geringfügig schwerere Ceranplatte, da diese dicker als die Fliese ist.)