Ich gehe sogar NOCH entspannter an die Sache heran und stelle die Druckbreite im Slicer ca. 20% höher als den Düsendurchmesser ein. Basta. Für alle Drucksituation, für alle Materialien und alle Anforderungn. Das ist auch die Default-Vorgabe in S3D, und nachdem ich mich eine Weile mit dem Thema beschäftigt habe finde ich, dass dies nicht nur sehr einfach sondern auch am sinnvollsten ist.
(Nur um bei der Konstruktion der Wandstärke mit glatten Werten rechnen zu können, habe ich bei meiner 0.4er Düse 0.5mm Druckbreite eingestellt, also +25%.)
Ist das nicht zu einfach gedacht? Nein, es gibt einen ganzen Haufen von Aspekten die berücksichtigt sind.
1. Was will ich einstellen?
Das wichtigste ist doch zunächst einmal, dass der Druck an sich gut funktioniert, dass die Raupe gleichmäßig breit ist, dass die Layer gut haften usw. Hier hat die Einstellung einen entscheidenden Einfluss. Wenn die Druckbreite etwas breiter als die Düse ist, muss das Material ja etwas breitgedrückt werden. Es entsteht ein Anpressdruck auf den vorherigen Layer. Den will ich haben, und zwar möglichst gleichmäßig.
2. Was beeinflusst die Raupenbreite?
Die Raupenbreite während des Druckens hat nichts mit der Fadenbreite zu tun, die lose aus der Düse hängt. Die Raupenbreite ergibt sich aus der vom Slicer berechneten Materialmenge und der Layerhöhe. Es wird eben so viel Material herausgepumpt, dass in dem Spalt zwischen Unterlage und Düse die gewünschte Raupenbreite geformt wird.
Daher spielen
kleinere Ungenauigkeiten des Düsendurchmesser eigentlich überhaupt gar keine Rolle!
Unterschiedliche Layerhöhen werden vom Slicer entsprechend berücksichtigt. Sie sollte aber nicht zu groß werden, man eine Raupe besser formen, wenn sie deutlich breiter ist als hoch.
3. Dünne Raupen für feineres Drucken?
Wenn man sich vorstellt, dass die Raupe zwischen Unterlage und Düse ausgeformt wird, ist sofort klar, dass eine Raupenbreite unter dem Düsendurchmesser nicht sinnvoll sein kann. Die Raupe müsste dazu dünner gezogen werden. Für ein gleichmäßiges Ergebnis braucht es etwas Druck im Nacken, halt wie im richtigen Leben. Und wo sollte sonst auch der Anpressdruck für gute Layerhaftung herkommen?
4. Breite Raupen für schnelleres Drucken?
Theoretisch kann man das natürlich machen. Man müsste ausprobieren, wie weit man gehen kann. Selbstverständlich erhöht man damit nicht nur den Anpressdruck, was ja ein Vorteil ist, sondern auch den Druck über dem Schmelzraum einschließlich der Wahrscheinlichkeit, dass das Vorschubrizel schabt. Ich bin immer froh wenn das Drucken gut funktioniert und schraube nicht an solchen Parametern herum.
Sonderfall: erster Layer
Hier ist ein höherer Anpressdruck für die Haftung sehr gut zu gebrauchen, und da der erste Layer typischerweise wesentlich langsamer gedruckt wird, gibt es auch keine Probleme damit. Man muss aber beachten, dass die tatsächliche Raupenbreite im ersten Layer nicht wie in den anderen Layern direkt vom Slicer bestimmt werden kann, sondern genauso stark vom Abgleich der Anfangshöhe abhängt. Den Feinabgleich der Anfangshöhe (im Start-G-Code) macht man deshalb auch erst, wenn die Raupenbreite in den anderen Layern schon optimiert ist.
Drucker Abgleichen
Das ist nicht mehr ganz das Thema des Threads, aber der Zusammenhang ist so groß, dass ich jetzt weiterschreiben muss.
Die Breite einer Schürze zu messen, und dann den gemessen Wert als Ist-Breite im Slicer einzustellen, ist m.E. unlogisch. Denn die Breite wird vom Slicer über die Materialmenge bestimmt, siehe Punkt 2. Was logisch wäre, ist den Extrusion Multiplier so einzustellen, dass der Drucker tatsächlich die eingestellte Raupenbreite druckt.
Das ist tatsächlich eine Abgleichmethode, die ich früher auch favorisiert habe. Inzwischen mache ich aber auch das nicht mehr. Ich schaue nur noch auf das Bild von geschlossenen Oberlayern. Das geht ja auch viel schneller. Wenn die Oberfläche passt, ist auch der Multiplier richtig. Und erst dann weiß man, dass die Raupenbreite so ist wie sie sein soll. Beim Messen der Schürze gibt es noch andere Einflüsse, z.B. Layerversatz und die genaue Raupenform. Das ist aber für das Druckergebnis relativ unwichtig im Vergleich dazu, wie geschlossene Oberflächen aussehen.
Aus dem Gesagten ergibt sich praktisch der gesamte vereinfachte Abgleichprozess für den Drucker, wie ich ihn heute z.B. bei Materialwechsel mache.
1. Materialdurchmesser einstellen
2. Druckbreite = Düsenbreite + 20% (bzw. 25%)
2. Anfangshöhe grob einstellen, ggf. mit Tasten beim Losdrucken korrigieren
3. Testdruck mit ebener Oberfläche, einige Layer hoch.
4. Extrusion Multiplier so abgleichen, dass die Oberfläche schön geschlossen ist, aber noch kein Material seitlich an der Düsenspitze hochgedrückt wird. Auch darf kein Wellenmuster entstehen, weil die Düsenspitze Material vor sich herschiebt.
5. Anfangshöhe so einstellen, dass auch der erste Layer eine schöne geschlossene Oberfläche bekommt. Diese im G-Code speichern.
Ich gehe davon aus, dass die Vorschub-"Steps per mm" und der HBS OK sind, das muss man ja nicht dauernd wiederholen.
Punkt 5 mache ich nebenher wärend des Druckens echter Modelle. Ich drucke immer einen kleinen Zylinder mit, und lege ihn so auf das Druckbett, dass er vor dem eigentlichen Modell abgefahren wird. Er hat 2cm Durchmesser und ist nur einen Layer hoch. Andere stellen einen Skirt von einigen Layern Breite und einem Layer Höhe ein, aber das ist schon unnötig viel Material und reduziert die mögliche Druckbreite. Während dieser Zylinder gedruckt wird, korrigiere ich die Anfangshöhe mit den Z-Tasten und zähle dabei mit. Ein Tastendruck ist 0.01mm. Das Ergebnis trage ich dann sofort in den Start-G-Code ein für den nächsten Druck.
so long ...