Z-Spindelentkopplung der armen Person
Verfasst: Fr 11. Okt 2024, 19:42
Poor Man’s Decoupler
Über das leidige Thema der eiernden Z-Spindeln wurde schon viel geschrieben. Das Thema geht bis Ende 2014 zurück, glaube ich. Im Laufe der Jahre wurden entsprechend viele Lösungen angeboten. Im Prinzip muss die Mutter der Kugelgewindespindel von der Y-Platte entkoppelt werden (oder auch die Gewindespindel von der Boden- und X-Platte). Gleichzeitig muss die Y-Platte separat, exakt in Z-Richtung, geführt werden. Auch hier gibt es diverse Lösungsansätze, viele theoretisch perfekt, andere gehen der Einfachheit wegen Kompromisse ein.
Hier stelle ich zusätzlich zur theoretisch ‘perfekten‘ Z-Spindel Entkopplung (siehe diesen Beitrag) zwei einfachere Lösungen vor. Diese nenne ich Poor Man’s Decoupler I und II (Entkopplung des armen Mannes I & II, bzw. der armen Frau). Eine der Lösungen kommt dem Vorschlag von AtlonXP, hier vorgestellt, sehr nahe.
Beginnen wir mit der Lösung, der AtlonXPs ähnelt, Poor Man’s Decoupler #1.
Blicken wir auf eine der zwei Spindelmuttern (die linke), ergäbe sich so ein Bild (Draufsicht): Zur scheinbar normalen Ausstattung kommen Beilagscheiben hinzu und, in Gelb, eine dünne Teflonfolie (Dauerbackfolie würde sich hier gut eignen). Und so wie AtlonXP es im oben verlinken Beitrag auch vorschlägt, sind die Schauben nicht ganz festgezogen (und mit Sicherungslack gesichert). Damit ergibt sich ein Spalt zwischen Spindelmutter und der Y-Platte. Besser erkennbar ist die Situation im Schnittbild: Hier wird deutlich, dass die Schrauben etwas verjüngt sind. Das garantiert, dass die Schraube, genauer der Schaft der Schraube, niemals die Spindelmutter berühren kann (vorausgesetzt allerdings, das ‘Eiern‘ der Spindel hält sich in Grenzen, also in etwa unter +/- 0.6mm liegt).
Zwischen Spindelmutter und Y-Platte ist ein konstruktiver Spalt von 0.4mm. Im Schnittbild nicht besonders gut zu sehen, leider.
Das gesamte Gewicht der Y-Platte und des Druckobjekts ‘hängt‘ somit an den Schraubenköpfen, wie AtlonXP in seinem Beitrag richtig bemerkt.
Man sieht in der Draufsicht dass die Beilagscheiben angeschnitten sind. Wären die Scheiben rund, würde die Scheibe mit dem zylindrischen Teil der Spindelmutter kollidieren. Man könnte eine kleinere Scheibe nehmen, so wie es DIN 125 A, vorschreibt. Da würde der Außendurchmesser mit 10mm die Mutter noch immer tangieren --> also möglicherweise nicht brauchbar. Eine noch kleinere Scheibe, so laut DIN 433, hätte einen Außendurchmesser von 9mm, ließe also folglich ein ‘Eiern‘ von etwas weniger als +/- 0.5mm zu. Dafür ist die Scheibe aber schon recht klein, die daraus resultierende Flächenpressung schon recht hoch, was einen frühzeitigen Verschleiß der Teflonfolie verursachen könnte. Daher sind hier Scheiben, laut DIN 9021, mit einem Außendurchmesser von 15mm in Verwendung. Diese größeren Scheiben müssen dafür nachgearbeitet werden. Trotzdem bleibt immer noch eine große Auflagefläche über. Damit verteilt sich das Gewicht auf eine deutlich größere Fläche, was zum einen den Verschleiß der Teflonfolie reduziert und zum anderen vermutlich den Verschiebewiderstand ebenfalls reduziert. Optimal wäre eine dünne Stahlplatte statt der Scheiben, so 1.5-2mm dick, mit dem entsprechenden Lochmuster. Damit wäre die Flächenpressung noch viel niedriger und das Problem der sich eventuell drehenden Beilagscheiben würde entfallen (diese Beilagscheiben muss man sonst mit Sicherungslack an die Schraubenköpfe ‘festnageln‘ damit sie sich nicht verdrehen können).
Mit dieser simplen Lösung wäre die Spindelmutter von der Y-Platte ausreichend entkoppelt.
Leider übersieht diese Lösung ein verstecktes Problem , denn die Mutter kann sich immer noch ein wenig verdrehen, unbeabsichtigt und unkontrolliert . Mit der Originalschraube (also nicht verjüngt) beträgt das Spiel in der Bohrung 0.5mm (mit der verjüngten Schraube sogar noch mehr). So viel, 0.5mm, könnte sich die Mutter in eine beliebige Richtung bewegen. „Aber das soll sie ja doch!“, höre ich schon rufen, denn die Y-Platte ist ja extra geführt, nicht wahr? Das ist richtig. Die Y-Platte wird sich davon nicht beeindrucken lassen (zumindest in X- und Y-Richtung nicht).
Leider kann aber eine Z-Komponente entstehen wenn sich die Mutter verdreht, und das kann sie ja. Sie kann sich bei einem Radius von 19mm um 0.5mm verdrehen (38mm ist der Lochkreisdurchmesser der Befestigungsschrauben). Diese 0.5mm entsprechen in etwa 1.5° Verdrehung. Sollte nicht so schlimm sein, oder? Leider doch . Die Spindel hat eine Steigung von 5mm (5mm alle 360°). Damit ergibt sich eine Änderung in Z von immerhin 0.02mm bei 1.5° Verdrehung (entspricht 5mm/360*1.5). Damit fix rechnen kann man aber nicht, denn wann, wie weit und ob sich die Spindelmutter verdreht, ist nicht vorhersehbar. Druckt einer mit einer Layerhöhe von 0.05mm, wäre eine Unsicherheit von 0.02mm in Z katastrophal! Auch Layerhöhen bis vermutlich 0.25mm würden noch recht stark beeinflusst werden. Mit der Entkoppelung hat man zwar das Wellenmuster, dass durch das ‘Eiern‘ entsteht, beseitigt, dafür hat man sich eine Ungenauigkeit in Z eingehandelt, welche ebenfalls zu sichtbaren Fehlern führen kann, die unregelmäßig sein können.
Dieses Rotieren der Spindelmutter und die daraus folgende ‘Abweichung‘ in Z beeinflusst schon das Abtasten des Druckbetts (also den HBS) und nimmt das Vertrauen in das Ergebnis. Beim HBS werden schließlich Werte im Hundertstel-mm Bereich und darunter erfasst und berücksichtigt.
Man müsste die Rotation unterbinden, aber wie?
Einfach die Mutter an die Y-Platte festschrauben? Nicht gut. Dann haben wir wieder das ursprüngliche Problem, dass wir zu beseitigen versuchen.
Man kann die Y-Platte schon zu Hilfe nehmen, bekommt die Rotation aber schwer völlig weg. Ein Beispiel (Draufsicht auf die Spindelmutter samt Y-Platte): Hier sieht man einen roten Verdrehsicherungsarm. Dieser Arm ist fest mit der Spindelmutter verbunden (verschraubt, verklebt, verschweißt, vernietet oder verlötet) aber keinesfalls mit den Befestigungsschrauben. Der Arm wird durch den gelben Bolzen in Position gehalten. Der Bolzen sitzt in einem Schlitz, der in X-Richtung ausgerichtet ist. Damit wird der Arm nur in Y-Richtung in seiner Bewegung eingeschränkt, in X-Richtung (hier im Bild nach oben/unten) besteht etwas Spiel, der Hebel kann sich dort also ein wenig frei bewegen. Der Arm hindert die Spindelmutter daher am selbstständigen Verdrehen. Durch diese Konstellation wird ein ‘Eiern‘ in X, also eine Bewegung der Spindelmutter in X-Richtung keinerlei Einfluss auf den Drehwinkel der Spindelmutter haben. Bewegungen der Mutter in Y-Richtung, hingegen, werden weiterhin eine geringfügige Drehung der Mutter verursachen. Der wirksame ‘Hebelarm‘ ist jetzt aber deutlich länger als der halbe Lochkreisdurchmesser, der ja 19mm beträgt. Dadurch reduziert sich die Drehung, und der in Folge verursachte Fehler in Z verringert sich dadurch von ca. 0.02mm auf etwa 0.005mm. Ein noch längerer Arm setzt den Fehler noch weiter herab. Ein unendlicher Arm würde den Fehler auf 0 reduzieren aber leider gibt der Drucker bauliche Grenzen vor. Beide Spindelmuttern benötigen einen Verdrehsicherungsarm.
Im Bild sieht man eine Führungsschiene in der Position, wie wenn man 2 Y-Schienen montiert hat (wie bei mir). So eine Konstellation schränkt die Maximallänge eines Verdrehsicherungsarms am stärksten ein. Hat man nur eine Y-Schiene, könnten die Verdrehsicherungsarme schon ordentlich lange werden, und der nicht-vermeidbare Fehler wird noch stärker reduziert.
Wem das schon reicht, nur zu mit der Entkoppelung der Spindelmuttern!
Man kann die Spindelmutter auf eine andere Art gegen Verdrehen sichern. Der nächste Beitrag zeigt diese Methode, sowie eine weitere Möglichkeit der Spindelmutterentkoppelung auf, den Poor Man’s Decoupler #2.
mjh11
Über das leidige Thema der eiernden Z-Spindeln wurde schon viel geschrieben. Das Thema geht bis Ende 2014 zurück, glaube ich. Im Laufe der Jahre wurden entsprechend viele Lösungen angeboten. Im Prinzip muss die Mutter der Kugelgewindespindel von der Y-Platte entkoppelt werden (oder auch die Gewindespindel von der Boden- und X-Platte). Gleichzeitig muss die Y-Platte separat, exakt in Z-Richtung, geführt werden. Auch hier gibt es diverse Lösungsansätze, viele theoretisch perfekt, andere gehen der Einfachheit wegen Kompromisse ein.
Hier stelle ich zusätzlich zur theoretisch ‘perfekten‘ Z-Spindel Entkopplung (siehe diesen Beitrag) zwei einfachere Lösungen vor. Diese nenne ich Poor Man’s Decoupler I und II (Entkopplung des armen Mannes I & II, bzw. der armen Frau). Eine der Lösungen kommt dem Vorschlag von AtlonXP, hier vorgestellt, sehr nahe.
Beginnen wir mit der Lösung, der AtlonXPs ähnelt, Poor Man’s Decoupler #1.
Blicken wir auf eine der zwei Spindelmuttern (die linke), ergäbe sich so ein Bild (Draufsicht): Zur scheinbar normalen Ausstattung kommen Beilagscheiben hinzu und, in Gelb, eine dünne Teflonfolie (Dauerbackfolie würde sich hier gut eignen). Und so wie AtlonXP es im oben verlinken Beitrag auch vorschlägt, sind die Schauben nicht ganz festgezogen (und mit Sicherungslack gesichert). Damit ergibt sich ein Spalt zwischen Spindelmutter und der Y-Platte. Besser erkennbar ist die Situation im Schnittbild: Hier wird deutlich, dass die Schrauben etwas verjüngt sind. Das garantiert, dass die Schraube, genauer der Schaft der Schraube, niemals die Spindelmutter berühren kann (vorausgesetzt allerdings, das ‘Eiern‘ der Spindel hält sich in Grenzen, also in etwa unter +/- 0.6mm liegt).
Zwischen Spindelmutter und Y-Platte ist ein konstruktiver Spalt von 0.4mm. Im Schnittbild nicht besonders gut zu sehen, leider.
Das gesamte Gewicht der Y-Platte und des Druckobjekts ‘hängt‘ somit an den Schraubenköpfen, wie AtlonXP in seinem Beitrag richtig bemerkt.
Man sieht in der Draufsicht dass die Beilagscheiben angeschnitten sind. Wären die Scheiben rund, würde die Scheibe mit dem zylindrischen Teil der Spindelmutter kollidieren. Man könnte eine kleinere Scheibe nehmen, so wie es DIN 125 A, vorschreibt. Da würde der Außendurchmesser mit 10mm die Mutter noch immer tangieren --> also möglicherweise nicht brauchbar. Eine noch kleinere Scheibe, so laut DIN 433, hätte einen Außendurchmesser von 9mm, ließe also folglich ein ‘Eiern‘ von etwas weniger als +/- 0.5mm zu. Dafür ist die Scheibe aber schon recht klein, die daraus resultierende Flächenpressung schon recht hoch, was einen frühzeitigen Verschleiß der Teflonfolie verursachen könnte. Daher sind hier Scheiben, laut DIN 9021, mit einem Außendurchmesser von 15mm in Verwendung. Diese größeren Scheiben müssen dafür nachgearbeitet werden. Trotzdem bleibt immer noch eine große Auflagefläche über. Damit verteilt sich das Gewicht auf eine deutlich größere Fläche, was zum einen den Verschleiß der Teflonfolie reduziert und zum anderen vermutlich den Verschiebewiderstand ebenfalls reduziert. Optimal wäre eine dünne Stahlplatte statt der Scheiben, so 1.5-2mm dick, mit dem entsprechenden Lochmuster. Damit wäre die Flächenpressung noch viel niedriger und das Problem der sich eventuell drehenden Beilagscheiben würde entfallen (diese Beilagscheiben muss man sonst mit Sicherungslack an die Schraubenköpfe ‘festnageln‘ damit sie sich nicht verdrehen können).
Mit dieser simplen Lösung wäre die Spindelmutter von der Y-Platte ausreichend entkoppelt.
Leider übersieht diese Lösung ein verstecktes Problem , denn die Mutter kann sich immer noch ein wenig verdrehen, unbeabsichtigt und unkontrolliert . Mit der Originalschraube (also nicht verjüngt) beträgt das Spiel in der Bohrung 0.5mm (mit der verjüngten Schraube sogar noch mehr). So viel, 0.5mm, könnte sich die Mutter in eine beliebige Richtung bewegen. „Aber das soll sie ja doch!“, höre ich schon rufen, denn die Y-Platte ist ja extra geführt, nicht wahr? Das ist richtig. Die Y-Platte wird sich davon nicht beeindrucken lassen (zumindest in X- und Y-Richtung nicht).
Leider kann aber eine Z-Komponente entstehen wenn sich die Mutter verdreht, und das kann sie ja. Sie kann sich bei einem Radius von 19mm um 0.5mm verdrehen (38mm ist der Lochkreisdurchmesser der Befestigungsschrauben). Diese 0.5mm entsprechen in etwa 1.5° Verdrehung. Sollte nicht so schlimm sein, oder? Leider doch . Die Spindel hat eine Steigung von 5mm (5mm alle 360°). Damit ergibt sich eine Änderung in Z von immerhin 0.02mm bei 1.5° Verdrehung (entspricht 5mm/360*1.5). Damit fix rechnen kann man aber nicht, denn wann, wie weit und ob sich die Spindelmutter verdreht, ist nicht vorhersehbar. Druckt einer mit einer Layerhöhe von 0.05mm, wäre eine Unsicherheit von 0.02mm in Z katastrophal! Auch Layerhöhen bis vermutlich 0.25mm würden noch recht stark beeinflusst werden. Mit der Entkoppelung hat man zwar das Wellenmuster, dass durch das ‘Eiern‘ entsteht, beseitigt, dafür hat man sich eine Ungenauigkeit in Z eingehandelt, welche ebenfalls zu sichtbaren Fehlern führen kann, die unregelmäßig sein können.
Dieses Rotieren der Spindelmutter und die daraus folgende ‘Abweichung‘ in Z beeinflusst schon das Abtasten des Druckbetts (also den HBS) und nimmt das Vertrauen in das Ergebnis. Beim HBS werden schließlich Werte im Hundertstel-mm Bereich und darunter erfasst und berücksichtigt.
Man müsste die Rotation unterbinden, aber wie?
Einfach die Mutter an die Y-Platte festschrauben? Nicht gut. Dann haben wir wieder das ursprüngliche Problem, dass wir zu beseitigen versuchen.
Man kann die Y-Platte schon zu Hilfe nehmen, bekommt die Rotation aber schwer völlig weg. Ein Beispiel (Draufsicht auf die Spindelmutter samt Y-Platte): Hier sieht man einen roten Verdrehsicherungsarm. Dieser Arm ist fest mit der Spindelmutter verbunden (verschraubt, verklebt, verschweißt, vernietet oder verlötet) aber keinesfalls mit den Befestigungsschrauben. Der Arm wird durch den gelben Bolzen in Position gehalten. Der Bolzen sitzt in einem Schlitz, der in X-Richtung ausgerichtet ist. Damit wird der Arm nur in Y-Richtung in seiner Bewegung eingeschränkt, in X-Richtung (hier im Bild nach oben/unten) besteht etwas Spiel, der Hebel kann sich dort also ein wenig frei bewegen. Der Arm hindert die Spindelmutter daher am selbstständigen Verdrehen. Durch diese Konstellation wird ein ‘Eiern‘ in X, also eine Bewegung der Spindelmutter in X-Richtung keinerlei Einfluss auf den Drehwinkel der Spindelmutter haben. Bewegungen der Mutter in Y-Richtung, hingegen, werden weiterhin eine geringfügige Drehung der Mutter verursachen. Der wirksame ‘Hebelarm‘ ist jetzt aber deutlich länger als der halbe Lochkreisdurchmesser, der ja 19mm beträgt. Dadurch reduziert sich die Drehung, und der in Folge verursachte Fehler in Z verringert sich dadurch von ca. 0.02mm auf etwa 0.005mm. Ein noch längerer Arm setzt den Fehler noch weiter herab. Ein unendlicher Arm würde den Fehler auf 0 reduzieren aber leider gibt der Drucker bauliche Grenzen vor. Beide Spindelmuttern benötigen einen Verdrehsicherungsarm.
Im Bild sieht man eine Führungsschiene in der Position, wie wenn man 2 Y-Schienen montiert hat (wie bei mir). So eine Konstellation schränkt die Maximallänge eines Verdrehsicherungsarms am stärksten ein. Hat man nur eine Y-Schiene, könnten die Verdrehsicherungsarme schon ordentlich lange werden, und der nicht-vermeidbare Fehler wird noch stärker reduziert.
Wem das schon reicht, nur zu mit der Entkoppelung der Spindelmuttern!
Man kann die Spindelmutter auf eine andere Art gegen Verdrehen sichern. Der nächste Beitrag zeigt diese Methode, sowie eine weitere Möglichkeit der Spindelmutterentkoppelung auf, den Poor Man’s Decoupler #2.
mjh11