Wann braucht der Slicer den Düsendurchmesser?
Verfasst: Fr 16. Jun 2017, 21:25
Man lernt nie aus. Deshalb kommt jetzt wieder ein langweiliger Theoriebeitrag. Hah! Erwischt! Der Beitrag wird gar nicht langweilig (dafür langatmig). Außerdem ist einiges an praktischer Erfahrung dabei. Die Erkenntnisse hier lassen sich auf Brücken, Überhänge, und so weiter, anwenden.
Ich habe wiederholt in Beiträgen im Forum bemerkt, dass der Düsendurchmesser beim Druck bloß eine sekundäre Rolle spielt (hier, hier, hier und hier).
"Der Düsendurchmesser spielt, bei Slic3r zumindest, keine Rolle bei der Ermittlung der Fördermenge."
So lautete meine Aussage bisher. Meine Überzeugung beruhte auf die Theorie und die Mathematik (Erklärung dazu: hier). Die eben zitierte Aussage möchte ich hiermit offiziell etwas ergänzen.
"Der Düsendurchmesser spielt, bei Slic3r zumindest, keine Rolle bei der Ermittlung der Fördermenge - für gewöhnliche Raupen."
Welche Raupen in die Kategorie 'gewöhnlich' fallen, sollte aus diesem Beitrag ersichtlich werden.
Zur neuen Erkenntnis kam ich durch Zufall - ein Zufall hervorgerufen durch meinen eigenen Fehler, meine eigene Unachtsamkeit. Man lernt eben NIE aus. Und Fehler sind gute Lehrer, vorausgesetzt, man will lernen.
Diesen Fehler habe ich vor kurzem nochmals in vereinfachter Form absichtlich durchgeführt:
Im Slicer (Slic3r) habe ich zwei einfache Quader geladen, 20x20x3mm und 20x20x4.8mm. Ich gab eine Layerhöhe von 0.4mm vor, samt einer Düse von 0.6mm, einen Füllgrad von nur 10%, Muster "Rectilinear". Das niedrigere Objekt hatte Einstellungen, die verhinderten, dass Infill benötigt wurde (genügend obere und untere Layer), dafür hatte es nur einen Perimeter. Das höhere Objekt hatte dafür drei Perimeter und Infill über mehrere Layer. Der entstandene GCode wurde in Repetier-Host geladen. Beim Drucker wurde eine 0.35mm Düse montiert und der Druck gestartet. Zwischendurch wurden mehrere Fotos gemacht. (Wegen der engen Verhältnisse habe ich mehrmals den Druck mittels Taste pausiert, um in Ruhe Bilder machen zu können. Diese Vorgangsweise führte zu Sabbern, Fäden und daraus resultierender Materialverlust. Die Fäden und der Materialverlust vermiesten den weiteren Druck etwas, aber um das geht es ja hier nicht.) Am Ende des Drucks wurde die Düse gegen eine 0.6mm Düse gewechselt und dieselbe GCode-Datei ein zweites Mal gedruckt. Auch hier wurden Fotos gemacht.
Noch einmal zur Deutlichkeit:
Ich habe mit einer 0.35mm Düse mit einer Layerhöhe von 0.4mm gedruckt! Das entspricht 114% des Düsendurchmessers! Und das schon in der ersten Lage! (Und es haftete! (es war PETG)) Genug der Rufzeichen, jetzt zu den Bildern:
Hier sieht man je ein Bild mitten im ersten Layer (jeweils im 'Flug' geschossen), einmal 0.35mm, einmal 0.6mm. Man sieht kaum einen Unterschied (na gut, bei der Bildqualität hätte man nicht unbedingt ein leichtes Spiel). Wie gesagt, hier hat der erste Layer 0.4mm - das ist bei der 0.35mm Düse doch beachtlich. Man beachte das offensichtliche Fehlen der oft zitierten Situation: "Für gute Haftung die Raupe ordentlich in das Bett drücken".
Hier ist der erste Layer fertig und die drei Perimeter des höheren Objekts, rechts, waren gerade fertig. Habe hier nur ein Bild von der 0.35mm Version. Sieht aber OK aus, oder? Jetzt der Vergleich der Füllung (des Infills). Mit der 0.35mm Düse purzeln die Raupen rechts und links herunter. Mit der 0.6mm Düse sieht es doch deutlich besser aus. Hätte ich als Füllmuster 'Cubic' gewählt, würde es bei der 0.35mm Düse noch schlimmer aussehen, da die Raupen nur teilweise von unten unterstützt werden (ähnlich wie bei einem Überhang). Das niedrige Objekt daneben ist fast fertig gedruckt. Es ist ohne Füllung, und sieht hingegen doch recht brauchbar aus, nicht wahr?
Nicht nur die Füllung ist mies, auch die Layer die unmittelbar darüber sind und die Füllung abdecken, sind sehr schlecht. Bei der 0.6mm Düse gab es zwar zwei Bereiche, wo die 100% Füllung sich nicht mit dem Perimeter verbunden hat und absackte, aber die eingekreisten Bereiche zeigen, dass es eigentlich viel besser aussieht als bei der 0.35mm Düse, die über die ganze Fläche mies aussieht. Diese Unebenheiten in der Deckschicht können mit der 0.35mm Düse erst sehr langsam wieder wettgemacht werden. Da reichen die 4 Layer noch lange nicht, wie man im nächsten Bild sieht: Hier sind die fertigen 4 Objekte. Links, mit dunklem Strich an der Vorderseite, sind die 2 Objekte, die mit der 0.35mm Düse gedruckt wurden. Rechts die Objekte mit der 0.6mm Düse. Wie gesagt, man sieht, dass die Oberseite des höheren Objekts noch sehr wellig ist, in der Version mit der 0.35mm Düse. Jene mit der 0.6mm Düse ist noch leicht wellig, man sieht es bloß nicht gut im Bild.
Zugegeben, ein Füllgrad von nur 10% kann so ein Verhalten hervorrufen, wenn die Einstellungen nicht perfekt sind.
Auch die Bilder der Unterseite überraschen ein wenig.
Dummerweise muss ich die Bilder in den folgenden Beitrag stecken. Hier habe ich das Bildkontingent erschöpft. Also bitte auch den nächsten Beitrag durchsehen, da werden die weiteren Bilder gezeigt. Den Bericht schreibe ich hier fertig.
Trotz einer Layerhöhe größer dem Düsendurchmesser wurden die Raupen mit der 0.35mm Düse doch deutlich abgeflacht - ein Zeichen des Bettkontakts. Irgendwie scheinen diese stärker gequetscht als die Raupen mit der 0.6mm Düse. Da spielt offenbar eine Dynamik mit, die noch nicht ganz verstanden wird.
Die kleinere Düse bedingt einen kleineren Querschnitt des extrudierten Fadens als der Faden haben sollte, bzw. als der Slicer es erwartet. Der Motor fördert weiterhin unbeeindruckt das spezifizierte Volumen. Da wirkt sich der geringere Querschnitt so aus, dass der extrudierte Faden die Düse schneller verlässt, als die Düse (in X & Y) bewegt wird. Diese Differenz zwischen Fahr- und Extrudiergeschwindigkeit führt wiederum zu einem massiven Durchhängen der Raupe bei Brücken oder 'Zwischen- bzw. Decklagen', und erschwert die Beseitigung der entstandenen 'Durchhänger', da die Raupen der folgenden Lagen am gleichen Symptom leiden. Ebenso kann das scheinbar zu schnelle Extrudieren des Fadens, wenn nur ein einziger Perimeter oder eine einzige Füllraupe vorhanden ist, dazu führen, dass die Raupe seitlich 'ausknickt' und nicht mehr ordentlich über die darunterliegende Raupe liegt. Damit hat die Raupe im darüber liegenden Layer noch weniger Chance, in die richtige Position zu kommen und knickt noch eher aus, usw..
Weiter geht es im nächsten Beitrag!
mjh11
Ich habe wiederholt in Beiträgen im Forum bemerkt, dass der Düsendurchmesser beim Druck bloß eine sekundäre Rolle spielt (hier, hier, hier und hier).
"Der Düsendurchmesser spielt, bei Slic3r zumindest, keine Rolle bei der Ermittlung der Fördermenge."
So lautete meine Aussage bisher. Meine Überzeugung beruhte auf die Theorie und die Mathematik (Erklärung dazu: hier). Die eben zitierte Aussage möchte ich hiermit offiziell etwas ergänzen.
"Der Düsendurchmesser spielt, bei Slic3r zumindest, keine Rolle bei der Ermittlung der Fördermenge - für gewöhnliche Raupen."
Welche Raupen in die Kategorie 'gewöhnlich' fallen, sollte aus diesem Beitrag ersichtlich werden.
Zur neuen Erkenntnis kam ich durch Zufall - ein Zufall hervorgerufen durch meinen eigenen Fehler, meine eigene Unachtsamkeit. Man lernt eben NIE aus. Und Fehler sind gute Lehrer, vorausgesetzt, man will lernen.
Entstehungsgeschichte
Den Fehler den ich beging, war, eine kleine Düse montiert zu haben, aber im Slicer eine große Düse zu spezifizieren. Diesen Fehler habe ich vor kurzem nochmals in vereinfachter Form absichtlich durchgeführt:
Im Slicer (Slic3r) habe ich zwei einfache Quader geladen, 20x20x3mm und 20x20x4.8mm. Ich gab eine Layerhöhe von 0.4mm vor, samt einer Düse von 0.6mm, einen Füllgrad von nur 10%, Muster "Rectilinear". Das niedrigere Objekt hatte Einstellungen, die verhinderten, dass Infill benötigt wurde (genügend obere und untere Layer), dafür hatte es nur einen Perimeter. Das höhere Objekt hatte dafür drei Perimeter und Infill über mehrere Layer. Der entstandene GCode wurde in Repetier-Host geladen. Beim Drucker wurde eine 0.35mm Düse montiert und der Druck gestartet. Zwischendurch wurden mehrere Fotos gemacht. (Wegen der engen Verhältnisse habe ich mehrmals den Druck mittels Taste pausiert, um in Ruhe Bilder machen zu können. Diese Vorgangsweise führte zu Sabbern, Fäden und daraus resultierender Materialverlust. Die Fäden und der Materialverlust vermiesten den weiteren Druck etwas, aber um das geht es ja hier nicht.) Am Ende des Drucks wurde die Düse gegen eine 0.6mm Düse gewechselt und dieselbe GCode-Datei ein zweites Mal gedruckt. Auch hier wurden Fotos gemacht.
Noch einmal zur Deutlichkeit:
Ich habe mit einer 0.35mm Düse mit einer Layerhöhe von 0.4mm gedruckt! Das entspricht 114% des Düsendurchmessers! Und das schon in der ersten Lage! (Und es haftete! (es war PETG)) Genug der Rufzeichen, jetzt zu den Bildern:
Hier sieht man je ein Bild mitten im ersten Layer (jeweils im 'Flug' geschossen), einmal 0.35mm, einmal 0.6mm. Man sieht kaum einen Unterschied (na gut, bei der Bildqualität hätte man nicht unbedingt ein leichtes Spiel). Wie gesagt, hier hat der erste Layer 0.4mm - das ist bei der 0.35mm Düse doch beachtlich. Man beachte das offensichtliche Fehlen der oft zitierten Situation: "Für gute Haftung die Raupe ordentlich in das Bett drücken".
Hier ist der erste Layer fertig und die drei Perimeter des höheren Objekts, rechts, waren gerade fertig. Habe hier nur ein Bild von der 0.35mm Version. Sieht aber OK aus, oder? Jetzt der Vergleich der Füllung (des Infills). Mit der 0.35mm Düse purzeln die Raupen rechts und links herunter. Mit der 0.6mm Düse sieht es doch deutlich besser aus. Hätte ich als Füllmuster 'Cubic' gewählt, würde es bei der 0.35mm Düse noch schlimmer aussehen, da die Raupen nur teilweise von unten unterstützt werden (ähnlich wie bei einem Überhang). Das niedrige Objekt daneben ist fast fertig gedruckt. Es ist ohne Füllung, und sieht hingegen doch recht brauchbar aus, nicht wahr?
Nicht nur die Füllung ist mies, auch die Layer die unmittelbar darüber sind und die Füllung abdecken, sind sehr schlecht. Bei der 0.6mm Düse gab es zwar zwei Bereiche, wo die 100% Füllung sich nicht mit dem Perimeter verbunden hat und absackte, aber die eingekreisten Bereiche zeigen, dass es eigentlich viel besser aussieht als bei der 0.35mm Düse, die über die ganze Fläche mies aussieht. Diese Unebenheiten in der Deckschicht können mit der 0.35mm Düse erst sehr langsam wieder wettgemacht werden. Da reichen die 4 Layer noch lange nicht, wie man im nächsten Bild sieht: Hier sind die fertigen 4 Objekte. Links, mit dunklem Strich an der Vorderseite, sind die 2 Objekte, die mit der 0.35mm Düse gedruckt wurden. Rechts die Objekte mit der 0.6mm Düse. Wie gesagt, man sieht, dass die Oberseite des höheren Objekts noch sehr wellig ist, in der Version mit der 0.35mm Düse. Jene mit der 0.6mm Düse ist noch leicht wellig, man sieht es bloß nicht gut im Bild.
Zugegeben, ein Füllgrad von nur 10% kann so ein Verhalten hervorrufen, wenn die Einstellungen nicht perfekt sind.
Auch die Bilder der Unterseite überraschen ein wenig.
Dummerweise muss ich die Bilder in den folgenden Beitrag stecken. Hier habe ich das Bildkontingent erschöpft. Also bitte auch den nächsten Beitrag durchsehen, da werden die weiteren Bilder gezeigt. Den Bericht schreibe ich hier fertig.
Trotz einer Layerhöhe größer dem Düsendurchmesser wurden die Raupen mit der 0.35mm Düse doch deutlich abgeflacht - ein Zeichen des Bettkontakts. Irgendwie scheinen diese stärker gequetscht als die Raupen mit der 0.6mm Düse. Da spielt offenbar eine Dynamik mit, die noch nicht ganz verstanden wird.
Die kleinere Düse bedingt einen kleineren Querschnitt des extrudierten Fadens als der Faden haben sollte, bzw. als der Slicer es erwartet. Der Motor fördert weiterhin unbeeindruckt das spezifizierte Volumen. Da wirkt sich der geringere Querschnitt so aus, dass der extrudierte Faden die Düse schneller verlässt, als die Düse (in X & Y) bewegt wird. Diese Differenz zwischen Fahr- und Extrudiergeschwindigkeit führt wiederum zu einem massiven Durchhängen der Raupe bei Brücken oder 'Zwischen- bzw. Decklagen', und erschwert die Beseitigung der entstandenen 'Durchhänger', da die Raupen der folgenden Lagen am gleichen Symptom leiden. Ebenso kann das scheinbar zu schnelle Extrudieren des Fadens, wenn nur ein einziger Perimeter oder eine einzige Füllraupe vorhanden ist, dazu führen, dass die Raupe seitlich 'ausknickt' und nicht mehr ordentlich über die darunterliegende Raupe liegt. Damit hat die Raupe im darüber liegenden Layer noch weniger Chance, in die richtige Position zu kommen und knickt noch eher aus, usw..
Weiter geht es im nächsten Beitrag!
mjh11