Also ergänzend zum Thema Riemenspannung ein paar Anmerkungen, Tipps und Kniffe:
Es gibt zwei Begrenzungen für die erreichbare maximale Zugkraft, nämlich einmal der Riemen selbst und dann auch die Biegemomente an den Wellen am Motor und an der Spannrolle. Letztere sind meines Erachtens hier kritisch; der Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme sind wesentlich mehr defekte Motorwellen als gerissene Zahnriemen.
Je weiter das Ritzel vom Lager entfernt sitzt (genauer: der Angriffspunkt des Riemens), desto mehr Biegemoment kriegt die Motorwelle bis zum A-seitigen Lager ab, und das reduziert die Lebensdauer (von Welle und Lager) des Motors. Also sollte man das Ritzel so nah wie möglich am Motorlager platzieren, notfalls auch das Ritzel umdrehen und den Bund nach außen schauen lassen, so dass der Riemen gerade das A-seitige Lagerschild noch nicht berührt. Dann muss man natürlich auch den Motor axial so weit versetzen, bis der Riemen wieder mit der Arretierung am Schlitten auf einer Höhe läuft.
Die maximal zulässigen Biegemomente/Radialkräfte des Motors und der Spannrolle müsste man mal versuchen zu eruieren, denn ohne diese Werte macht die gesamte Diskussion hier aus obigen Gründen keinen wirklichen Sinn. Wird nur wahrscheinlich problematisch, weil der Hersteller uns nicht sagen wird, welchen Stahl er für die Motorwelle verwendet hat. Aber wir können uns ja mal erst auf den Riemen beschränken, obwohl der gar nicht die Schwachstelle ist. Falls doch mal jemand herausbekommt, was die maximal zulässige Radialkraft für die Stepper ist, kann man die Berechnung unten ja leicht anpassen (gemäß Riemenkraft gleich Radialkraft / 2).
Mein Ersatzriemen (conrad # 1197595) trägt die Herstellerbezeichnung "Steigentech 675-3M 9", wenn man das im Netz sucht, kommt man auf die Katalogdaten:
http://steigentech.com/wp-content/uploa ... 2.1.3b.pdf ... 2.1.3b.pdf. Dort findet sich der "curvilinear timing belt" mit 3mm Zahnabstand und einer Breite von 9mm (die Länge bzw. pitch length von 675 ist nicht Standard; ist aber nicht so schlimm, die Zahnriemenhersteller bauen für Geld jede beliebige Länge, solange keine gebrochenen Zähnezahlen herauskommen). Unter dem Stichpunkt "overview" finden sich die weiteren technischen Daten des Riemens:
http://steigentech.com/wp-content/uploa ... .2.1.3.pdf ... .2.1.3.pdf. Darin ganz wichtig: das spezifische Riemengewicht von 0.31kg/m bei 100mm Breite, in unserem Falle bei 9mm Breite also 9mm/100mm x 0.31kg/m = 0.0279kg/m, somit etwa 28g/m. Das ist wichtig für die Berechnung der Schwingfrequenz. Und es sagt uns außerdem, dass der Riemen keine Stahleinlage haben kann, weil er dann deutlich schwerer wäre.
Geht man auf Seiten namhafter Hersteller, dann geben diese die Einstellvorschriften genau an, z.B. auf Seite 15 in diesem Dokument hier:
http://walther-flender-gruppe.de/upload ... lts_02.pdf ... lts_02.pdf. Dort findet sich die Formel zur Berechnung der Trumfrequenz f = sqr(F / m) * 1 / (2 x L), wobei F die Spannkraft in [N] ist, L die Trumlänge in [m], und m die spezifische Masse in [kg/m] des Riemens. Wenn also die vom Riemen zu übertragende Kraft sagen wir mal 1kg oder rund 10N sein soll, dann wird die gespannte Seite des Riemens um die Hälfte dieser Kraft strammer, die lose Seite um die Hälfte der Kraft loser. Damit der Riemen nicht komplett lose wird, muss die Riemenspannung mindestens die Hälfte der zu übertragenden Kraft sein, in unserem Fall also 5N, mit etwas Sicherheit nehmen wir 6N an. Mit Hilfe der obigen Formel berechnet sich damit für den 9mm breiten 3M-Riemen bei einer Trumlänge (freie Spannlänge) von z.B. 250mm in unserem Drucker eine Frequenz von 29.3Hz für die korrekte Riemenspannung.
Wie misst man das nun nach, wenn man kein teures akustischen Riemenspannungsmessgerät sein eigen nennt? Entweder tatsächlich mit einem Gitarren-Stimmgerät (das dann aber bis etwa zum Ton ,,A# herabreichen muss), oder man sucht sich eine andere Lösung. Bei Riemen, die eine Stahleinlage enthalten, kann man einen kleinen (d.h. klein gegen die Masse des Riemens) Supermagneten draufsetzen und ein 24V-Printrelais danebenhalten, wenn man den Riemen leicht anstößt. In der Spule induziert sich dann eine Spannung, die man mit einem Oszilloskop sehr gut auswerten kann. Der Trick funktioniert super bei den meisten Industrie-Keilriemen oder -zahnriemen. Leider haben die Riemen in unserem Drucker aber keine Stahleinlage, sondern unmagnetische Glasfasern. Hier bleiben noch optische Tricks, also z.B. Led oder Laserpointer über den Riemen, Fotodiode drunter und damit die Schwingungsfrequenz am Scope messen. Ein kapazitiver Bero mit Analogausgang kann auch sehr nützlich sein, den hat man nur leider nicht immer zur Hand.
Kennt man alternativ die Federkonstante des Riemens in N/m, dann kann man auch über die Dehnung die richtige Vorspannung einstellen. Also einfach nachrechnen, um wieviel der Riemen unter der Vorspannkraft länger wird, dann mit zwei Markierungen eine beliebige, gut nachmessbare Länge (also z.B. die Trumlänge, auf der der Riemen ja gerade ist) auf dem Riemen im ausgebauten (will sagen ungespannten) Zustand anzeichnen, Riemen wieder einbauen und so lange spannen, bis die errechnete Länge zwischen den Marken erreicht ist.
Ganz ähnlich ist das Verfahren, das die Durchbiegung erfasst, wenn man das Riementrum in der Mitte mit einer definierten Kraft nach innen drückt (die berühmte Daumendicke gilt aber nur für Keilriemen im Auto, bei unseren dünnen Drucker-Riemen dürften wir nur einen halben kleinen Finger nehmen). Das ist sinngemäß auch das Prinzip mit der Wasserflasche, wenn ich das richtig verstanden habe.
Im Falle meiner Konstruktion mit der Federvorspannung messe ich vor dem Einbau meine Federkonstante nach (z.B. bekannte Masse draufstellen und messen, wie weit die Feder zusammengedrückt wird). Damit ist die Feder geeicht und kann zur Einstellung der Riemenspannung herangezogen werden: Schraube von Hand leicht andrehen, dann Schraube weiterdrehen und so die Feder um den berechneten Weg x spannen. Die Kraft in der Feder ist zweimal die Spannkraft im Riemen.
So, dann viel Spaß beim Rechnen und Messen! Ich hoffe, das Thema ist damit erschöpfend behandelt.
Gruß
Mic