Ich habe jüngst einen RF2000-Bausatz zusammengestöpselt und seit dem so einiges an Erfahrungen gemacht (machen müssen).
Vorweg: inzwischen druckt er einwandfrei, maßhaltig und ausdauernd ABS, PLA und PLA-PHA (mehr habe ich noch nicht ausprobiert) mit meist guter Oberfläche und (fast) ohne Fäden oder andere Ausreißer.
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Bis dahin war es ein recht mühsamer Weg...mit ca. 90% Ausschussquote. Aber das ist eigentlich nicht unüblich, wenn man vorher noch nie was mit 3D-Druck am Hut hatte.
Der Reihe nach.
Aufbau
Sehr gute Anleitung mit hochauflösenden Fotos, die meistens keine Fragen offen lassen. Jeder Schritt ist ausführlich beschrieben und nachvollziehbar.
Mit ein paar kleinen Ausnahmen:
- bei einigen Kabeln fehlte die Nummerierung. Aber aufgrund der Längenangaben und den Fotos in der Anleitung konnte ich auch so die richtigen herausfinden.
- Es fehlte der in der Anleitung versprochene 2. Satz Federn für die Extruder. So hatte ich nur eine weiche und eine harte.
- Es fehlten die Muttern M4 - nicht sonderlich tragisch; sowas hat man im Schrank vorrätig.
- Der Zusammenbau der Z-Achse mit den Kugelumlaufspindeln ist wie in der Anleitung beschrieben nicht machbar. Die Kugellager haben auf der Spindel leichten Presssitz und Spielpassung in der Aluplatte. Sie müssen also erst(!) mit sanfter Gewalt auf die Spindeln gepresst werden, um die Baugruppe dann anschließend in die Aluplatten zu stecken. Nicht umgekehrt.
- Die Radien in der Kabelschleppketten (insb. X-Achse!) sind schon verdammt eng gelegt. Ich habe mit kleinen Aluklötzen die Abstände etwas vergrößert und so für Entspannung gesorgt.
- Die provisorische Justage vom Druckbett mittels der Schraubfüßchen als Abstandhalter ist sehr unglücklich beschrieben und fotografiert. Da habe ich lange gebraucht, bis ich die Idee dahinter verstanden hatte.
- Das Verkleben der Heizdecke für die Druckplatte ist m.E. der schwierigste Akt. Das muss man so hinbekommen, dass die Schaumplatte später nicht zwischen Platte und Auflagebolzen gerät. Ist mir erst im zweiten Versuch gelungen - zum Glück kann man sie recht leicht und zerstörungsfrei wieder ablösen.
Ansonsten ist der Zusammenbau mit handwerklichem Geschick gut in ein bis zwei Tagen machbar. Und danach weiß man genau, wie die Maschine funktioniert. Man bekommt auch einen guten Eindruck von der sehr hochwertigen und grundsoliden Konstruktion. Wirklich schöner Maschinenbau, wie er im Lehrbuch steht!
Inbetriebnahme
kein Hexenwerk, die automatische Vermessung des Druckbetts ist eine klasse Sache. Klingt in der Beschreibung kompliziert, ist in der Praxis dann aber doch als recht einfach.
Software ist schnell installiert und funktioniert auf Anhieb. Die mit installierten Standard-Einstellungen für Slic3r sind nach meiner Erfahrung aber nicht unbedingt optimal. Da muss man so einige Meter Filament verbraten, bis man das Optimum für sich gefunden hat.
+++update: Support-Strukturen mit Slic3r sind in der aktuellen Version schlichtweg nicht machbar. Das, was dort erzeugt wird, ist hinterher unlösbar mit dem Original-Teil verbacken und es scheint unmöglich, beides (Teil und Support) mit der selben Düse auf einem Dual-Drucker zu erzeugen. Egal was man vorgibt, es werden immer beide Extruder im gcode verwendet. Tipp: Meshmixer von Autodesk! +++ (aber das nur am Rande)
Erste Drucke
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große Ernüchterung. Noch nie hatte ich eine Glasplatte mit derart wirksamer Antihaftbeschichtung. Nach mehreren Stunden frustrierender Kunststoffknäuelproduktion und dem Durchprobieren aller möglichen Parameter hat dann der erste halbwegs haftende ABS-Druck geklappt. Dazu musste ich ich jedoch den Extrusionsfaktor auf 1,4 hochschrauben und gewaltig die voreingestellten Geschwindigkeiten zurücknehmen (30mm/s war das maximal mögliche). Das stimmt nachdenklich.
Dann hat sich (traditionsgemäß) das erste Hotend verabschiedet - Heizung defekt. (Ersatz kam unkompliziert und schon nach ein paar Tagen ins Haus)
Nächste Testreihe mit PLA: Haftung gänzlich ausgeschlossen. Nach spätestens Layer 10-20 stößt eine der Düsen minimal gegen einen stehen gebliebenen PLA-Rest und reißt das ganze von der Unterlage.
Irgendwann kam ich dann auf den Trick mit dem Pritt-Stift. Einfach genial. Einmal dünn die Platte eingeschmiert hält alles plötzlich wie festgeschraubt. Seit dem nie wieder Probleme mit der Haftung gehabt.
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Das Problem war also gelöst, wurde Zeit für das nächste:
bei größeren Ausdrucken kam es mit schöner Regelmäßigkeit vor, dass plötzlich kein Filament mehr durch die Düse kam, bzw. nur noch tropfenweise. Der Druck sah dann ab Layer X sehr ausgefranst und löcherig aus. Dagegen war nix zu machen. Keine Einstellung, kein Umbau auf MK8-Ritzel. Ausschussquote und Frustrationslevel wieder nahe 100%.
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Die Lösung war dann schließlich umso einfacher: das Hotend muss im oberen Teil gekühlt werden. Sonst neigt es wohl zu der beschriebenen Verstopfung. Ein kleiner alter Grafikkartenlüfter, oben am Gehäuserand des Druckers angebracht, bewirkt hier Wunder!
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Seit dem druckt und druckt und druckt die Maschine wunderbar. Ausschuss nahe Null!
Fazit: Tolles Gerät, wenn man die richtigen Einstellungen, einen Pritt-Stift und einen zusätzlichen Lüfter verwendet.