Trick 4
Eine ‚künstliche Brücke‘ statt dem Support einsetzen.
Dabei geht es darum, eine Fläche, die Support benötigen würde, durch zusätzliche Konstruktionen zu einer ‚Brückenfläche‘ zu machen, womit der Support entfallen kann. Diese zusätzlichen Konstruktionen müssen meist nach dem Drucken (mechanisch) entfernt werden.
Da diese Beschreibung/Erklärung völlig unzureichend ist, muss ich mit einem konkreten Beispiel aufwarten: Der Gummipuffer der WC-Brille, unter ‚Trick 3‘ bereits vorgestellt.
Hier geht es gleich ins Eingemachte und das Schnittbild zeigt bereits die fertige Konstruktion. Dabei wird der orange eingefärbte Teil abgetrennt. Zurück bleibt das gewünschte Druckobjekt. Der Clou an diesem Trick liegt darin, wie man die ‚Stützwand‘ positioniert und dimensioniert. Dazu müssen wir den markierten Bereich etwas genauer ansehen.
Diese Stützwand wurde mit folgenden Bedingungen konstruiert:
a) Die Höhe ist um etwa den Betrag der Schichtdicke (im Slicer gewählt) höher als die Fläche, die zur ‚Brücke‘ mutieren soll (das ist die dunkle, cyan-graue Fläche).
b) Die Innenkontur der Stützwand ist ringsum um 0.1mm von der entsprechenden Außenkontur des Druckobjekts entfernt.
c) Die Dicke der Wand hängt von der Raupenbreite in Kombination mit der Anzahl der Perimeter, die im Slicer vorgegeben wurde, ab. Slic3r, zumindest, macht eine Brücke erst nachdem die vorgegebene Anzahl der Perimeter gedruckt wurde. Ist die Wand zu ‚dünn‘ wird die ‚Brücke‘ erst wieder mitten in der Luft gedruckt – und wäre also nutzlos (wie im letzten Bild zu sehen).
Durch diesen Trick, ,Trick 4‘ wird also eine Fläche, die eigentlich ein Überhang darstellt, zu einer Brücke und lässt sich dadurch tadellos drucken.
Mit einem scharfen Stanley-Messer, oder ähnliches, lässt sich diese Stützwand am Ende leicht entfernen oder, je nach eingesetztem Material, eventuell sogar bloß abbrechen.
Damit die Brücke auch ordentlich klappt, sollte ein Layerwechsel möglichst exakt bei der Höhe der eigentlichen Fläche stattfinden oder ganz knapp darunter. Nehmen wir wieder das Beispiel des Gummipuffers. Sagen wir, die Höhe der Fläche, die eine ,Brücke‘ werden soll (bei dem das Maß ‚a‘ im oberen Bild beginnt), wäre 7.0mm über dem Druckbett. Wählt man eine Layerhöhe von 0.25mm würde sich eine Höhe der Stützwand von 7.25mm (7.0+0.25) ergeben. Das ist noch einfach. Schwieriger wird das Anpeilen des Layerwechsels bei 7.0mm, denn meist hat man im Slicer eine abweichende Layerhöhe für den ersten Layer vorgegeben. Sagen wir z.B. 70% der normalen Layerhöhe wird für das erste Layer verwendet. Damit endet der erste Layer bei 0.175mm (der zweite endet bei 0.425, der dritte bei 0.675, usw.). Der 28. Layer erreicht somit 6.925mm und der 29. bereits 7.175mm (also über dem Zielwert von 7.0). Man ist also im 28. Layer knapp unter dem Zielwert. Unter Umständen klappt das schon und der Slicer setzt die Brücke wie man es gerne hätte. Man sollte da jedenfalls im Slicer, in der Vorschau, nachprüfen, bei welchem Layer der Slicer die Brücke vorgesehen hat (Und ob die Brücke korrekt ist und Sinn macht!). Notfalls bei der der Höhe des ersten Layers nachbessern, um ein akzeptables Ergebnis zu erreichen (oder bei der Layerhöhe selbst tüfteln). Slic3r hat hier eine Funktionalität, die man vorteilhaft einsetzen kann – man kann die Layerhöhe begrenzt über einen Höhenbereich ändern. Im obigen Beispiel sagt man Slic3r einfach, von der Höhe Z=0.17 bis Z=0.5 eine Layerhöhe von 0.325mm vorzusehen und danach wieder die 0.25mm zu verwenden. Damit kommt der zweite Layer auf 0.5mm und es geht sich genau auf 7.0mm aus (nach 28 Layer).
Hier sieht man in der Vorschau von Slic3r die Situation bei Z=7.0 und Z=7.25mm (sowie 3 Perimeter, 0.35mm Extrusionsbreite, Layerhöhe 0.25mm): Man sieht schön, dass es sich hier um eine tadellose Brücke handelt – gut verankert auf der Stützwand.
Wie angedeutet, die notwendige ‚Dicke‘ der Wand (zumindest ganz oben) hängt von der Anzahl der Perimeter ab (zumindest in Slic3r). Ist die Wand zu ‚dünn‘ für die Anzahl der Perimeter, hängt plötzlich die Brücke in der Luft. Hier dieselbe Situation wie oben, bei Z=7.25mm, aber mit 6 Perimetern: Diese Brücke kann vielleicht das Militär, eine Regierung oder Hilfsorganisation als ‚Luftbrücke‘ einsetzen, wir können damit hingegen wenig anfangen.
Dass dieser Trick , ‚Trick 4‘, funktioniert, davon zeugen die zwei Gummipuffer, die seit einigen Monaten in der WC Brille bei mir im Einsatz sind.
CAD-Kniffe - Support vermeiden - Trick 4 'künstliche Brücke'
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CAD-Kniffe - Support vermeiden - Trick 4 'künstliche Brücke'
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CAD-Kniffe - Trick 4 'künstliche Brücke' - Beispiel
Hier ein weiteres Beispiel für den Einsatz von 'Trick 4':
Betätigungsknopf für Taschenlampe: Eine alte LED Taschenlampe tauchte in einer Schublade auf. Vermutlich vernachlässigt, da der Betätigungsknopf fehlte (der Originalknopf, aus Gummi, verschliss beinahe vollständig, fiel irgendwann ganz heraus und ging verloren). Beim Knopf handelt sich dabei um ein kleines Teil, Durchmesser unter 8mm, Höhe unter 5mm. Die Details dabei sind schon sehr fein, mit einigen Strukturen unter einem Millimeter. Die Nut, ringsum, ist zum Beispiel nur 0.5mm breit. Der Knopf ist teilweise ‚hohl‘ da ein 3x3mm quadratischer Stift vom Schalter, die eigentliche Betätigung, in den Knopf hineinragt. Der Knopf wurde in TPE (NinjaFlex) gedruckt, da es elastisch sein muss. Um ein Gefühl der Größe zu vermitteln, hier ein Bild mit einer Münze: Das war eindeutig eine Herausforderung für einen 3D Druck!
Der Knopf musste mehrere Iterationen durchmachen da der Knopf anfangs einfach zu fest war, was die Betätigung fast unmöglich machte. Als Lösung einfach den Füllgrad reduzieren klappte nicht. Am Objekt sind die Querschnitte schon so klein, dass der Slicer (Slic3r) fast alles einfach vollfüllte. Ich musste zusätzlich die Kuppel teilweise hohl machen, dabei aber einen konischen/zylindrischen, vollen ‚Stift‘ lassen, der den quadratischen Schalterstift dann verlässlich betätigen konnte. Dadurch wurde der Knopf weich genug, dass man ihn ohne Schmerzen betätigen konnte. Und damit sah der Querschnitt schließlich so aus: Die Nut, mit der 0.5mm Breite, ist zu klein um hier einen regulären Support unterzubringen, geschweige denn, diesen ordentlich entfernen zu können. Damit kam dafür nur mehr ‚Trick 4‘ in Frage. Ein weiteres Problem bot noch immer die herunterhängende Noppe in der Bohrung. Die untere Fläche hängt doch in der Luft! Und der Platz ringsum reicht nicht für eine Stützwand, a la ‚Trick 4‘. Was tun?
Schlussendlich setzte ich hier ebenfalls ‚Trick 4‘ ein. Es kommt hier jedoch keine Stützwand zum Einsatz. Das Druckobjekt wird selbst dazu verwendet. Nachdem das Material ja elastisch ist, stört es gar nicht wenn die ‚Brücke‘ weiterhin mit der Wand verbunden bleibt. Es wirkt in etwa wie eine elastische Membran, die beim Betätigen nachgibt.
Damit sieht der Querschnitt des druckbereiten Modells so aus: Der äußere Ring, eine Stützwand, wurde einfach abgerissen. Die innere ‚Membran‘ blieb erhalten. Die Dicke der zwei künstlichen Brücken war 0.1mm. Das war mit ein Grund, wieso der Stützring so einfach abgerissen werden konnte: die 0.1mm boten kaum Widerstand.
Gedruckt wurde mit einer 0.2mm Düse bei einer Layerhöhe von 0.06mm. Die 0.2mm Düse musste einfach her, da nicht nur die Nut bloß 0.5mm maß, auch die Wandstärke bei der Nut beträgt nur 0.5mm. Hätte ich eine 0.5-er Düse eingesetzt, ginge sich nur eine einzige Raupe dort aus. Auch mit einer 0.4-er oder 0.3-er Düse gäbe es das gleiche Problem. Die 0.2mm Düse erlaubt es Slic3r zwei Perimeter zu platzieren und den Zwischenraum mit einer Mini-Raupe sogar aufzufüllen.
Ich musste für jede Iteration jeweils drei Stück drucken, zwei nahe beisammen, das dritte weiter weg (um Zeit zu ‚verbraten‘, damit die Layerzeit nicht zu kurz wurde – Überhitzungsgefahr – Abkühlzeit).
Das Endergebnis ist funktionstüchtig, wie man hier erahnen kann: Übrigens ist der Knopf auf der Münze nur mehr die Kuppel einer vorgehenden Iteration. Einmal montiert, reist der Knopf an der dünnen Stelle beim Demontieren und wird zu Schrott.
Zwei weitere interessante Details, hier in der Makroaufnahme zu erkennen: a) Man sieht noch einige Fäden am Umfang der Kuppel, die beim Abreißen der Stützwand zurückblieben.
b) Diese Fäden sind so fein, dass ihre Farbe nicht mehr als Schwarz zu erkennen ist, eher als ‚Transparent-Grau‘.
Gänzlich zufrieden bin ich schließlich doch nicht. Der Betätigungsdruck ist noch immer etwas hoch. Gibt der Knopf einmal den Geist auf, ändere ich ihn leicht ab – mache ihn vielleicht 0.2mm oder 0.3mm höher, wobei gleichzeitig der Querschnitt so angepasst wird, dass der Betätigungshub steigt und die Kraft gleichzeitig sinkt.
Betätigungsknopf für Taschenlampe: Eine alte LED Taschenlampe tauchte in einer Schublade auf. Vermutlich vernachlässigt, da der Betätigungsknopf fehlte (der Originalknopf, aus Gummi, verschliss beinahe vollständig, fiel irgendwann ganz heraus und ging verloren). Beim Knopf handelt sich dabei um ein kleines Teil, Durchmesser unter 8mm, Höhe unter 5mm. Die Details dabei sind schon sehr fein, mit einigen Strukturen unter einem Millimeter. Die Nut, ringsum, ist zum Beispiel nur 0.5mm breit. Der Knopf ist teilweise ‚hohl‘ da ein 3x3mm quadratischer Stift vom Schalter, die eigentliche Betätigung, in den Knopf hineinragt. Der Knopf wurde in TPE (NinjaFlex) gedruckt, da es elastisch sein muss. Um ein Gefühl der Größe zu vermitteln, hier ein Bild mit einer Münze: Das war eindeutig eine Herausforderung für einen 3D Druck!
Der Knopf musste mehrere Iterationen durchmachen da der Knopf anfangs einfach zu fest war, was die Betätigung fast unmöglich machte. Als Lösung einfach den Füllgrad reduzieren klappte nicht. Am Objekt sind die Querschnitte schon so klein, dass der Slicer (Slic3r) fast alles einfach vollfüllte. Ich musste zusätzlich die Kuppel teilweise hohl machen, dabei aber einen konischen/zylindrischen, vollen ‚Stift‘ lassen, der den quadratischen Schalterstift dann verlässlich betätigen konnte. Dadurch wurde der Knopf weich genug, dass man ihn ohne Schmerzen betätigen konnte. Und damit sah der Querschnitt schließlich so aus: Die Nut, mit der 0.5mm Breite, ist zu klein um hier einen regulären Support unterzubringen, geschweige denn, diesen ordentlich entfernen zu können. Damit kam dafür nur mehr ‚Trick 4‘ in Frage. Ein weiteres Problem bot noch immer die herunterhängende Noppe in der Bohrung. Die untere Fläche hängt doch in der Luft! Und der Platz ringsum reicht nicht für eine Stützwand, a la ‚Trick 4‘. Was tun?
Schlussendlich setzte ich hier ebenfalls ‚Trick 4‘ ein. Es kommt hier jedoch keine Stützwand zum Einsatz. Das Druckobjekt wird selbst dazu verwendet. Nachdem das Material ja elastisch ist, stört es gar nicht wenn die ‚Brücke‘ weiterhin mit der Wand verbunden bleibt. Es wirkt in etwa wie eine elastische Membran, die beim Betätigen nachgibt.
Damit sieht der Querschnitt des druckbereiten Modells so aus: Der äußere Ring, eine Stützwand, wurde einfach abgerissen. Die innere ‚Membran‘ blieb erhalten. Die Dicke der zwei künstlichen Brücken war 0.1mm. Das war mit ein Grund, wieso der Stützring so einfach abgerissen werden konnte: die 0.1mm boten kaum Widerstand.
Gedruckt wurde mit einer 0.2mm Düse bei einer Layerhöhe von 0.06mm. Die 0.2mm Düse musste einfach her, da nicht nur die Nut bloß 0.5mm maß, auch die Wandstärke bei der Nut beträgt nur 0.5mm. Hätte ich eine 0.5-er Düse eingesetzt, ginge sich nur eine einzige Raupe dort aus. Auch mit einer 0.4-er oder 0.3-er Düse gäbe es das gleiche Problem. Die 0.2mm Düse erlaubt es Slic3r zwei Perimeter zu platzieren und den Zwischenraum mit einer Mini-Raupe sogar aufzufüllen.
Ich musste für jede Iteration jeweils drei Stück drucken, zwei nahe beisammen, das dritte weiter weg (um Zeit zu ‚verbraten‘, damit die Layerzeit nicht zu kurz wurde – Überhitzungsgefahr – Abkühlzeit).
Das Endergebnis ist funktionstüchtig, wie man hier erahnen kann: Übrigens ist der Knopf auf der Münze nur mehr die Kuppel einer vorgehenden Iteration. Einmal montiert, reist der Knopf an der dünnen Stelle beim Demontieren und wird zu Schrott.
Zwei weitere interessante Details, hier in der Makroaufnahme zu erkennen: a) Man sieht noch einige Fäden am Umfang der Kuppel, die beim Abreißen der Stützwand zurückblieben.
b) Diese Fäden sind so fein, dass ihre Farbe nicht mehr als Schwarz zu erkennen ist, eher als ‚Transparent-Grau‘.
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